Man erzählt sich, der Sohn des Barons Goodwyn soll die Insel höchstpersönlich entdeckt haben, auf der jetzt das Observatorium steht. Die Königin von Sylvania verlieh im darauf den Titel des Gouverneurs.
Hafenarbeiter in der Hauptstadt
Wenn du mich fragst, Alles Humbug! Denn in den dunklen Ecken in den Spelunken hört man die Gerüchte, dass angeblich ein Freibeuter vom Kurs abgekommen sei und diese Inseln hier entdeckt hatte. Zurück in der Alten Welt soll er im Kerker gelandet sein, während die Krone einen unliebsamen Vetter hier abgeladen hatte. Weit weg von irgendwelchen Ansprüchen…
Der Freibeuter wurde gehängt, während sein Sohn dem Königreich ewige Rache schwor…
Angeblich soll er ein Piratennest irgendwo im Norden der Kolonie haben, von dem er aus Angriffe auf die Handelsschiffe und die Marine lenkt…
Inspiration
Die Inspiration zu diesen Spielregeln kam durch eine berühmte Piraten-Filmreihe, diverse Computer-Spiele und Besuche auf der ehemaligen Rollenspiel-Messe RPC in Köln. Dort sind viele verschiedene Tabletop-Spielsysteme vorgestellt worden, aber keines davon hat mich persönlich überzeugt. Das heißt nicht, dass die vorgestellten Spielsysteme schlecht sind, sondern einfach nur, dass sie meiner Vorstellung nicht ganz entsprachen. Zudem gefiel mir der Umstand nicht, dass in vielen modernen Spielen, vor allem in kompetitiven Videospielen, meist festgelegte Charaktere mit eigenen Spielregeln, quasi Fähigkeiten und Waffen, genutzt werden. Ich mag es, mir meine Charaktere selbst zu überlegen. Durch meine jahrelange Erfahrung in anderen Tabletop-Systemen ist mir auch aufgefallen, dass viele Regelwerke unnötig komplex sind und ständig kompliziertere Regelerweiterungen benötigen, wenn man „up-to-date“ sein will. Für den Spieler bedeutet das immer wieder Geld auszugeben, sei es eben für ein neues Regel-werk-Update oder neue Versionen der aktualisierten „Helden“-Miniaturen, sollten diese dann andere oder neue Ausrüstung bekommen. Das ist selbstverständlich ein Geschäftsmodell, dass auf Gewinnoptimierung aus ist und das ist ja auch nur verständlich, denn irgendwie muss man ja seine Marke bei seinen Spielern halten. Dafür müssen neue Regeln geschrieben werden, die oft aus Erfahrungsberichten heraus optimiert werden. Neue Artworks und neue Miniaturen müssen entworfen und bezahlt werden. Dafür habe ich volles Verständnis, aber ich verstehe auch den Frust bei Spielern, wenn sie sich wieder ein Regel-Update kaufen müssen, denn es kann ja immer sein, dass der nächste Gegenspieler bereits die neue Regelversion nutzt. Da will man nicht hinterherhängen. Mein Ziel ist es hierbei gewesen, die Grundmechaniken fest vorzugeben und unnötige Mechaniken zu entfernen. Alle Spieler sollen mit den Grundmechaniken das Spiel verstehen und verinnerlichen können und nur bei Bedarf, das Spiel durch selbst erstellte Sonderregeln „verkomplizieren“
Entwicklung
Ich machte mir Gedanken, welche Elemente ich bei den verschiedenen Spielsystemen mochte und welche nicht. Auch brachte ich Elemente aus reinen Rollenspiel-Systemen mit ein, da ich dort die kreative Freiheit beim Erstellen seiner Charaktere sehr ansprechend finde. Auch das nutzen verschiedener Würfeltypen oder die Anzahl der Erfolge bei Wurfproben kommen aus zwei verschiedenen Rollenspiel-Regelsystemen. Ich mochte auch den Umstand nicht, dass es für jede Waffe, jede Rüstung und jedes Equipment eigene Spielregeln braucht. Ja, ich verstehe, dass damit eine Art „Realismus“ simuliert werden soll, aber das sorgt dafür, dass man in actionreichen Situationen oft erstmal nachschauen muss, welche Eigenschaft die benutze Waffe hat oder welche Rüstungswerte genutzt werden. Im Endeffekt kommt es doch nur darauf an, ob der Angriff Schaden verursacht, oder nicht. Auch bei Rüstungen oder Deckung kommt es auch nur darauf an, ob sie den Angriff blockiert oder nicht. Genretypische Bewegungsregeln oder allgemeine Reichweiten habe ich jedoch einfach so übernommen, da diese einfach am meisten Sinn ergeben und für die Größe der genutzten Miniaturen auch durch jahrelange Erprobung durch gängige Systeme am Besten funktionieren.
Das Thema Piraten stand nicht von Anfang an fest, aber am Ende ist das Thema aber doch bei Piraten geblieben, da dieses Genre in der Tabletop-Szene einfach noch nicht so stark vertreten ist.
Es existieren natürlich Spielsysteme mit Piraten-Thematik, jedoch sind diese oft sehr historisch angehaucht oder zu fest auf vorgegebene Charaktere ausgelegt. Oder es werden reine Seegefechte gespielt. Viel zu weit weg von persönlichen Erlebnissen!
Ich wollte das Geheimnisvolle und Mystische mit Abenteuern wie in typischen Filmen nachstellen.
Klar, strenggenommen müssten Steinschloss-Pistolen oder Musketen immer langwierig nachgeladen werden, das Pulver dürfte nicht nass werden, etc. Das war mir dann wieder zu viel Realismus. Es sollte sich wie eine Fernseh-Serie anfühlen, wo die Helden niemals auf ihre Munition achten müssen, außer die Handlung will das so, um Spannung zu erzeugen.
Ich wollte, dass das Spielziel nicht das Vernichten des Gegenspielers, sondern ein Kräftemessen um bestimmte Aufgaben und Herausforderungen ist. Es soll immer eine Prise Gefahr beim Spiel sein, wo jeder Schritt und jede Handlung die Spieler fesselt und sie nur um Messers Breite einer potenziell tödlichen Falle entkommen.
Es geht um das Erleben von Abenteuern und nicht darum, die größte Kriegsmacht auf dem Planeten zu sein.
Es geht aber auch um die Charaktere, die den Spielern ans Herz wachsen sollen. Jeder Charakter ist dann eine Ergänzung des Hauptcharakters, des Anführers jeder Crew, die dann wie ein aufeinander-eingespieltes Team agiert, wie die Action- und Zeichentrickserien in den 80ern und 90ern.
Beim Kämpfen erzielte Erfolge geben dann auch nicht an, wie oft ein Charakter seinen Gegner trifft, sondern wie gut!
Ob das jetzt bei drei Erfolgen auch drei separate Angriffe sind oder ein dreimal so guter Einzelangriff ist, sei dem Spieler überlassen. Es ist ja sein Held.
Genauso soll der Spieler selber entscheiden können, ob einer seiner Charaktere im Gefecht stirbt oder nicht.
Dieses Spiel ist kein Kriegssimulator, wo ein gefallener, namenloser Soldat durch einen Neuen ersetzt wird.
So sollen sich Verwundungen auch ins Spiel übertragen lassen, die eine echte Auswirkung auf die Aktionen des Charakters haben, anstatt das nur über Lebenspunkte zu Lösen.
Anmerkungen zu Spielsystemen
Die Begrenzung der Spielzüge sorgt für ein Gefühl von Dringlichkeit und Zeitdruck und sorgt auch dafür, dass sich die Spieler beeilen müssen, wenn sie die Ziele des Szenarios erfüllen wollen. Sollten die Spielzüge ausgehen, ehe das Szenario eindeutig von einem Spieler gewonnen wurde, so muss eine Moralprobe durchgeführt werden. Das heißt, die Spieler würfeln auf ihre Moral, die sich aus der Anzahl der kampfbereiten Charaktere ergibt. So hat eine nicht mehr vollzählige Crew eben eine schlechtere Moral. Misslingt die Probe, so gibt eine Crew auf und sucht mit ihrer Beute das Weite! So lassen sich langwierige Spiele „bis zum letzten Mann“ verhindern, aber erlauben es einer Crew auch nach Ablauf der Begrenzung noch eine Chance auf Erfolg zu haben.
Ich habe Spielkarten mit ins Regelwerk aufgenommen, um die Spieler quasi wortwörtlich am Schicksal Hand anlegen zu lassen, aber auch um eine Art „geordnetes Chaos-Element“ mit ins Spiel zu nehmen, welches die Spieler vor zufällige Herausforderungen stellen kann.
Natürlich erwartet man bei Piraten auch Kämpfe Schiff gegen Schiff, aber das ist dann nur für Spieler umsetzbar, die sich ein für ihre Miniaturen passendes Spielmodell besorgen können.
Daher sind diese Regeln auch erst nachträglich als Erweiterte Spielregeln nach hinten gerutscht.
Die Spieler sollen nicht durch teure Anschaffungen vom Spielen ausgebremst werden.
Es ist leichter an normale Miniaturen zu kommen, als an passende Schiffsmodelle im brauchbaren Maßstab, wenn man keinen 3D-Drucker besitzt oder handwerklich begabt ist.
Auch wenn man nicht wirklich eine Piratenbande oder menschliche Charaktere spielen will, da es echt tolle Miniaturen von Fanatsy-Rassen, wie Orks, Goblins, Zwergen oder Untoten in Piratenkluft gibt, kann man diese in Absprache mit seinem Gegenspieler ohne Probleme so nutzen.
Die Regeln waren bewusst von Anfang an so ausgelegt, dass sie durch die Spieler durch selbst angepasste Spielregeln erweitert werden können, so dass jede Spielgruppe ihre eigene Version der Spielregeln erstellen kann, indem auf die vorhandenen Regeln aufgebaut werden kann.
Modernes Sandbox-System
Ich persönlich mag natürlich atmosphärische und dichte Spielwelten, aber es muss ja nicht jedem so gefallen, wie ich es vorgebe.
Daher ist die Spielwelt nur durch ein paar wenige Eckpunkte definiert. Die Karte der Spielwelt ist absichtlich nur grob benannt und nur die wichtigsten Orte eingezeichnet. So steht es den Spielern frei neue Orte einzuzeichnen, neue Inseln zu entdecken, etc. Niemand ist dann „gezwungen“ einen Ort auf eine bestimmte Art und Weise aussehen zu lassen, sondern kann alles mit seinem eigenen verfügbaren Gelände gestalten. Die Größe der Inseln erlaubt es auch die „leeren“ Flächen mit dampfenden Dschungeln, verwinkelten Tempelruinen, Piratenverstecken, Höhlen, Goldminen, Vulkanen, Lava-Seen, Sümpfen, Plantagen, Häfen, Dörfern, etc. zu füllen. Die Gewässer erlauben auch viele Optionen für eigene Kreationen, wie schwimmende Piratenbasen, kleine Inselgrüppchen mit Sandbänken, neue „Unentdeckte“ Inseln, Seemonster, etc.
Durch die vielen Optionen, sei es die Charakter-Gestaltung, den Szenario-Editor, die frei erweiterbaren Spielregeln, ist Scarlet Seas für jeden Spieler anders. Sogar wenn es zwei Charaktere mit genau den gleichen Spielwerten, Fähigkeiten, etc., gibt, spielen sie sich für jeden Spieler anders, da der Spieler andere Taktiken benutzen wird, andere Entscheidungen treffen wird, andere Gefahren bestehen muss und generell auch andere Würfelergebnisse erzielen wird.
Feinschliff
Durch viele Testspiele alleine und mit Freunden, wurden nach und nach Spielsysteme optimiert. Störende oder ausbremsende Elemente verändert oder entfernt. Neue Elemente wiederum hinzugefügt, die das Spiel bereichern.
Vor allem bedanke ich mich hier bei Viktor Katzy für sein Vertrauen, Scarlet Seas mit mir zusammen auszuprobieren.
Nach mehreren Testspielen war schnell klar, dass ich hier etwas sehr spannendes geschaffen hatte. Wenige Tage später hatte Viktor seine eigenen Miniaturen anhand seiner Test-Crew gekauft. Ich war überrascht, wie schnell das Prinzip vom eher taktischen Tabletop an einen passionierten Pen&Paper-Rollenspieler zu vermitteln war. Knapp 30 Minuten später lief das Spiel quasi von selbst und ich musste nur noch bei Unklarheiten erklären.
Monate später waren die Spielregeln soweit optimiert, dass wir gemeinsam Schiff-gegen-Schiff-Szenarios austesten wollten.
Dabei hatte es sich herausgestellt, dass die von mir nur in der Theorie erdachten Bewegungsregeln in der Praxis schwer und zu vorhersehbar waren. Schnell wurden diese Regeln verändert und durch spannende und unvorhersehbare Bewegungsregeln ersetzt. Jetzt ist die Bewegung der Schiffe auf dem Wasser Action-lastiger und treibt den Nervenkitzel in die Höhe. Fehler bei der Wahl des Kurses der Schiffe sind jetzt weniger verheerend und können schnell korrigiert werden. Wind, richtige Ausrichtung der Segel und cleveres Planen sorgen jetzt für taktische und Puls-treibende Schiffsgefechte!
Würfelglück und Scharfsinn können das Spiel jederzeit wenden. Jeder Schuss der Bordkanonen sorgt für blanke Nerven, bei der Crew , die den Schuss absetzt, aber auch bei der Crew, die beschossen wird. Jeder Schaden am Schiff macht sich im Spielverlauf bemerkbar.
Alleine da drüber zu schreiben, sorgt bei mir dafür, dass ich eine starke Lust habe, ein weiteres Spiel, Schiff-gegen-Schiff, Mannschaft-gegen-Mannschaft, zu spielen. Sich mit meinem Gegner zu messen, nicht nur mit Waffengewalt, sondern und vor allem mit taktischen Planen, dem Finden schneller Lösungen, wenn es mal nicht rund läuft, und dem Triumpf, wenn man trotz erschwerten Bedingungen doch noch geschafft hat, den Sieg zu erlangen!
So wachsen dem Spieler seine Charaktere ans Herz
Das Erleben solcher Abenteuer sorgt dafür, dass die eigenen Charaktere quasi ein Eigenleben entwickeln.
Im laufenden Spiel entdeckt man, dass ein bestimmter Charakter mit seinen Werten und Fähigkeiten hervorragend dafür geeignet ist, bestimmte Aufgaben zu lösen. Auch wenn dieser Charakter beim Erstellen der Crew nicht besonders beachtet wurde, weil man eigentlich einen anderen Charakter als „Liebling“ hatte.
Einige Charaktere haben zum Beispiel fast immer Würfel-Pech, und es gelingt kaum, eine wichtige Rolle im Szenario zu übernehmen. Dann überraschen genau diese Charaktere mit einem phänomenalen Erfolg und Kippen das Spiel zu deinen Gunsten!
Andere Charaktere haben wiederum fast immer Würfel-Glück und sind quasi der Bad-Ass-Charakter deiner Crew.
Durch das Spielen mehrerer aufeinanderfolgenden Szenarien, dem Sammeln von Ressourcen, Reputation und Erfahrung, können eure Charaktere neue Fähigkeiten erlernen und sich so weiter spezialisieren. Es können neue Charaktere zur Crew stoßen oder wegfallen. Bessere Ausrüstung, Kontakte, Hinweise und Nachschub sorgen für Vorteile für das nächste Spiel für deine Crew.
Besondere Szenarien
Zu den Grundszenarien kommen noch sogenannte Abenteuer-Szenarien und Spielleiter-Szenarien.
Wie der Name bereits sagt, sind Abenteuer-Szenarien zum Erleben einer festgelegten Rahmenhandung.
Diese können festgelegte Sonderregeln haben, wie zum Beispiel:
Der Götze: Sobald die Statuette entfernt wird, stürzt die Gruft ein und wird zum gefährlichem Gelände
Oder:
Die Spelunke: Sobald ein Kampf oder ein Feuer ausbricht, ist das gesamte Gebäude gefährliches Gelände
Oder:
Das Verlies: Der komplexe Schließmechanismus der Tür zum Verlies des reichen Handelsbarons erfordert folgende Erfolge auf folgende Fertigkeiten, dann weitere Erfolge auf andere Fertigkeiten
Spielleiter-Szenarien werden von einem dritten Spielleiter geleitet, der alle Handlungspunkte, Gefahren und Sonderregeln eines Szenarios festlegt. Er übernimmt in der Regel auch die Kontrolle über eine dritte Fraktion, ob die königliche Marine, die eure Crews aufhalten will, oder ob wilde Raubkatzen im tiefen Dschungel, die eure Schatzsuche in den Tempelruinen erschweren.
Bei beiden Szenario-Typen kann die Spielzug-Begrenzung, also das Zeit-Limit wegfallen, sodass das Ziel des Szenarios erfüllt werden muss, bevor es beendet werden kann. Außer, eure Crew schafft es nicht so lange zu überleben…
Beide Typen können auch nur mit einer Crew gespielt werden, ob nun alleine gegen das Abenteuer-Szenario oder alleine gegen den Spielleiter.
Bald erzähle ich dir noch mehr…